Nach den umfangreichen Razzien in vielen NRW-Städten am letzten Wochenende wurde am Montag (17.08.) das zweite Lagebild zur Clankriminalität in NRW veröffentlicht. Kriminelles Verhalten türkisch-arabischer Clanangehöriger ist Gegenstand der öffentlichen Wahrnehmung und verfügt darum neben der polizeilichen auch über eine politische Relevanz. Das jährlich erstellte Lagebild „Clankriminalität NRW“ bietet die Basis für eine allgemeine Einschätzung der von Großfamilien ausgehenden Kriminalität und ermöglicht es, regionale sowie phänomenologische Schwerpunkte zu erkennen. Im Mai 2019 wurde das erste Lagebild zur Clankriminalität in NRW vorgestellt.
Für das Jahr 2019 konnten 111 türkisch-arabische Familienclans identifiziert werden. Demnach sind 3.779 den Clans zuzuordnende Tatverdächtige (Anstieg von 2018: 33,4%) für 6.104 (Anstieg von 2018: 33,8%) Straftaten verantwortlich. Eine Vergleichbarkeit zum Lagebild Clankriminalität NRW aus dem Vorjahr (2018) sei allerdings laut einem Sprecher nur eingeschränkt möglich: Eine Evaluation der clantypischen Familiennamen und die ergänzende Berücksichtigung von Verkehrsstraftaten ermöglicht die Erfassung eines breiteren Spektrums der Clankriminalität (siehe gelbe Elemente in der Grafik).
Wie auch beim vorherigen Lagebild verdeutlicht eine Analyse der Straftaten phänomenologische Schwerpunkte bei Rohheitsdelikten (31,8%), gefolgt von Betrugsdelikten (15,4%) und Eigentumsdelikten (14,0%). Um ein vollständiges Bild der Clankriminalität zu erhalten, sind Verkehrsstraftaten durch die methodische Weiterentwicklung berücksichtigt. Die neu erfassten Verkehrsstraftaten sind mit 13,7% der Gesamtsumme von nicht unerheblicher Bedeutung. Zu den zusammengefassten Rohheitsdelikten sind von besonderer Relevanz Körperverletzungen sowie gefährliche Körperverletzungen, Bedrohungen, Nötigungen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen. Die politisch motivierte Kriminalität (0,2%), die Steuer-/und Zolldelikte (0,2%) sowie Wirtschaftsdelikte (0,1%) spielen hingegen eher eine untergeordnete Rolle.
Bei den auffälligen Personengruppen, die sich in der Regel über die Ethnie sowie die Zugehörigkeit zu einem Familienverbund definieren, handelt es sich sehr oft um Angehörige der aus der Türkei bzw. dem Libanon stammenden Bevölkerungsgruppe der Mhallamiye sowie um Personen libanesischer Herkunft. Das lässt sich auch als Ergebnis verschiedener polizeilicher Auswertungsprojekte empirisch belegen.
Ein großer Teil der polizeibekannten Personen verfügt mittlerweile über die deutsche Staatsbürgerschaft oder ist staatenlos. Die bedingungslose Loyalität innerhalb der Familie, das Negieren hoheitlicher Autorität - ob bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder bei interner Streitschlichtung - und das Verteidigen der Familienehre bei einem sehr niedrigschwelligen Ehrbegriff sind typische Verhaltensweisen der Clans, mit denen sie sich gegen die Außenwelt abschotten und ihre Interessen durchsetzen. Der komplette Bericht mit allen Informationen und Daten ist auf den Seiten der Polizei NRW zu finden bzw. kann als PDF heruntergeladen werden.
(Quelle/Grafiken: Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen
, Foto(-Montagen): nrw-aktuell.tv)